Bei der Suchen nach einer bestimmten Schraube, Mutter oder Gewindestange stößt man immer wieder auf kryptische Zahlenkombinationen wie zum Beispiel 10.9, 4.6 oder 8.8.
Äußerlich ist kein Unterschied zwischen dem Material erkennbar also was sagen diese Werte aus und wofür sind sie gut?
Was bedeuten die Zahlen?
Die Zahlen die in Kombination mit Schrauben zum Beispiel häufig genannt werden, stehen für die Festigkeitsklassen.
Diese wird mit einer Zahlenkombination angegeben, die bestimmten Regeln folgt. Sie besteht bei Schrauben und Gewindestangen aus zwei Ziffern, die mit einem Punkt getrennt sind. Der Punkt dient lediglich als Trennzeichen.
Dahinter verbergen sich Informationen über die Zugfestigkeit und die Streckgrenze eines Materials. Diese zwei Werte sind bei der Verarbeitung besonders wichtig.
Bei Muttern hingegen wird die Festigkeitsklasse mit nur einer Ziffer angegeben, da die Streckgrenze bei ihr von keiner großen Relevanz ist.
Durch diese Angaben lassen sich verschiedene Schraubentypen leichter untereinander vergleichen und auf ihren Einsatzzweck abstimmen.
Die Zugfestigkeit
Die erste Zahl vor dem Punkt gibt die maximale Zugfestigkeit eines Materials an. Das ist die Spannung, die ein Werkstoff maximal aufnehmen kann. Wird er über diese Grenze beansprucht, schnürt sich das Material an einem Punkt ein und reißt dort anschließend ab. Besonders ärgerlich ist es, wenn beispielsweise der Schraubenkopf abreißt und der Rest der Schraube noch im Werkstück steckt.
Die Streckgrenze
Die Zahl nach dem Punkt bezieht sich auf die maximale Streckgrenze eines Materials. Da so gut wie alle Werkstoffe mehr oder weniger dehnbar sind, lässt sich die Streckgrenze am einfachsten anhand eines Gummibandes erklären:
Wird das Band zu etwa 20% mit einer Kraft gedehnt, ändert es seine Länge. Entfernt man die Kraft wieder, geht das Band in seine Ursprungsform zurück.
Die maximale Streckgrenze ist dann erreicht, wenn das Band so weit gedehnt wurde, dass es nicht mehr seine ursprüngliche Form einnimmt.
Dieses Verhalten gilt auch für Metalle.
Berechnung einer Schraube / Gewindestange
Zugfestigkeit: Die Berechnung ist ziemlich einfach, da die erste Zahl der Festigkeitsklasse nur mit 100 multipliziert werden muss. Als Ergebnis erscheint die Zugfestigkeit in der Einheit N/mm².
Beispiel:
Festigkeitsklasse 10.9 => 10 x 100 = 1000 N/mm²
Streckgrenze: Zur Berechnung der Streckgrenze werden beide Zahlen der Festigkeitsklasse einfach miteinander multipliziert. Dieses Ergebnis wird dann nochmal mit 10 multipliziert. Wie schon bei der Zugfestigkeit ist auch hier die Einheit N/mm².
Beispiel:
Festigkeitsklasse 10.9 => 10 x 9 x 10 = 900 N/mm²
Weitere Beispiele:
Festigkeitsklasse | Zugfestigkeit (N/mm²) | Streckgrenze (N/mm²) |
---|---|---|
4.6 | 4 x 100 = 400 N/mm² | 4 x 6 x 10 = 240 N/mm² |
8.8 | 8 x 100 = 800 N/mm² | 8 x 8 x 10 = 640 N/mm² |
12.9 | 12 x 100 = 1200 N/mm² | 12 x 9 x 10 = 1080 N/mm² |
Berechnung einer Mutter
Muttern werden, anders als Schrauben oder Gewindestangen, nicht mit einer Kombination aus zwei Zahlen angegeben. Die Festigkeitsklasse wird mit nur einer Ziffer dargestellt.
Sie bezieht sich ausschließlich auf die Zugfestigkeit und lässt auf den gleichen Weg wie einer Schraube berechnen.
Zugfestigkeit: Die Zahl muss mit 100 multipliziert werden. Das Ergebnis wird dann wieder in N/mm² angegeben.
Beispiel:
Festigkeitsklasse 8 => 8 x 100 = 800 N/mm²
Tipps:
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Wenn bei einem Bauteil eine bestimmte Festigkeitsklasse angegeben ist, sollte auch nur diese verwendet werden. Wird eine zu geringe Klasse gewählt, kann das Material schon bei leichter Beanspruchung brechen, die sie eine niedrige Zugfestigkeit und Streckgrenze besitzt.
Aber auch eine zu hohe Festigkeitsklasse ist nicht ideal, da die Verbindungsmittel oft eine geringere Zähigkeit haben.
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Ein weiterer Fehler ist, dass Schrauben und Muttern mit unterschiedlichen Festigkeitsklassen eingesetzt werden. Diese sollten immer gleich sein, da bei einer hohen Beanspruchung die unterschiedlichen Eigenschaften zum Problem werden können.
Hilfreich oder nicht? Wissenswert oder langweilig? Eure Meinung zählt. Sterne anklicken, fertig.
Super Beitrag! Endlich eine Seite mit allen relevanten Informationen einfach erklärt.
Danke sehr!
Klasse! Auf den Punkt und verständlich erklärt.
Danke!
Super
Danke für die unkomplizierte Erklärung
Die Schraube reist nicht ab, sie bleibt hier. Wenn sie zu stark angezogen wird, reißßßt sie ab.
Hallo Rainer,
ok, sie bleibt hier. 🙂 Vielen Dank für den Hinweis, wir haben das korrigiert.
LG
Nicolai
Vielen Dank für Eure tolle Seite die das einfach erklärt. Hätte noch die folgende Frage: Ich habe eine 3/8 Zoll UNF Schraube Grade 5 bei Anzugsmoment.de habe ich ein Anzugsdrehmoment von 41 NM für diese Schraube ermittelt, im Werkstatthandbuch ist ein Wert von 58 NM angegeben. Nach meiner Meinung habe ich die falsche Schraube. Der Lieferant mauert und sagt bisher ist noch nichts passiert und behauptet diese Schraube würde auch deutlich mehr als die 58 NM aushalten. Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen da der Fahrzeughersteller nicht mehr existiert. Serienmäßig war eine Grade T Schraube verbaut.
Im voraus vielen vielen Dank
Hallo Michael,
laut unserer Information, die uns unser Lieferant auch bestätigt hat, hat eine Schraube mit Grade 5 (Entspricht ca. 8.8) ein Anziehdrehmoment von 44,6 Nm.
Wenn aber ein Anziehdrehmoment von 58 Nm benötigt wird, dann sollte ein Schraube mit Grade 8 (ca. 10.9) verwendet werden. Diese hat einen Anziehdrehmoment von 63 Nm.
LG
Nicolai
Vielen, vielen Dank, das war auch meine Meinung. Könnte man die Bestätigung/ Ausführungen des Lieferanten bekommen ? Noch besser wäre für mich und auch für viele andere Besitzer britischer Oldtimer wenn ein Hersteller bestätigen könnte das bei einer 3/8 Zoll UNF Schraube mit 58 NM angezogen die Dehngrenze überschritten ist und was es sonst noch dazu zu sagen gibt.
Im voraus vielen Dank für Eure Hilfe
Ich werde das, wenn ich zu Ende recherchiert habe, auch an die entsprechenden Oldtimerclubs leiten
Michael
Hier gibt es einen Unterschied zur Erklärung in Wikipedia.
Zitat Wikipedia:
Für Schrauben bestehen diese aus zwei durch einen Punkt getrennten Zahlen, z. B. 4.6 oder 8.8, aus denen jeweils die Eigenschaften Zugfestigkeit Rm und Streckgrenze Re, bzw. 0,2 %-Dehngrenze Rp=0,2 sehr einfach ermittelt werden können. Bis einschließlich Festigkeitsklasse 6.8 wird die Streckgrenze angegeben, ab Festigkeitsklasse 8.8 die 0,2 %-Dehngrenze.
Was ist nun richtig?
Hallo Michael,
im Grunde genommen ist beides richtig.
Bei der Streckgrenze handelt es sich um einen abrupten Übergang, bei der Dehngrenze um einen kontinuierlichen Übergang vom elastischen zum plastischen Verhalten.
Die Dehngrenze liefert dadurch bei der Materialprüfung oftmals genauere Ergebnisse als die Streckgrenze.
Letztlich bleiben die Formel für die Berechnung der Festigkeitsklasse und das Ergebnis dabei aber gleich. Die Verwendung der Begriffe „Streckgrenze“ oder „Dehngrenze“ sagt nur etwas über die technische Ermittlung aus und nicht über die Festigkeit einer Schraube.
Ich hoffe, wir konnten dir damit weiterhelfen.
LG
Das konntet ihr.
Vielen Dank.
Und wie bekomme ich raus, wie hoch die Belastbarkeit des Innengewinde ist, in das ich die Schraube dann reindrehe (in meinem Fall Stahl)?
Gruß
Klaus
Hallo Klaus,
meist steht das in den Informationen zum Innengewinde, zum Beispiel in der entsprechenden DIN, sofern du Informationen dazu hast.
Ansonsten können wir dir leider nicht weiterhelfen.
Liebe Grüße
Gute Informationen, aber wenn eine Schraube zu Bruch geht, spielt das Drehmoment eine Rolle und dies ist nicht erwähnt.Bei dem heute vertriebenen Schrott – vorwiegend aus China und ohne jegliche Festigkeit sangaben- ist der Ärger vorprogrammiert.
Kunden sollten vom Verkäufer aussagekräftige Daten verlangen.
Müssen Schrauben nach Zeichnung mit Festigkeit 10.9
gestempelt sein??
Wo steht das in der Norm? ob evtl. keine Stempelung erforderlich
Es handelt sich um eine Linsenkopfschraube, wäre nur schwer zu kennzeichnen
Ich suche Informationen wie die Festigkeitsklasse erreicht wird.
Bei 8.8 nimmt man z.B. 20MnB4 und vergütet die Schrauben
Welchen Werkstoff brauche ich für 9.8 oder 10.9? Ich vermute noch höherwertigeren? Allein die Anpassung der Härteparameter wird ja wohl nicht reichen.
Ich möchte eine Schraube soweit anziehen, dass die Spannung der Schraube wie eine Zugfeder dient.
Nehmen wir eine M 10 Schraube mit Din Gewinde. Die Bezeichnung der Schaube ist 8.8.
Größe Drehmoment Spannungs- Querschnitt Streckgrenze Zugfestigkeit
Nm Qualität 8.8 640 800
M5 5,75 14,2 9088 11.360
M6 9,9 20,1 12.864 16.080
M8 24 36,6 23.424 29.280
M10 48 58 37.120 46.400
M12 83 84,3 53.952 67.440
Das im Internet angegebene Drehmoment lautet 48 Nm.
Den Spannungs- Querschnitt habe ich dem Internet entnommen.
Die Streckgrenze errechnet 1. Zahl mal 2. Zahl = 640 multipliziert mit dem Spannungs- Querschnitt = 37.120 N/mm²
Die Zugfestigkeit errechnet 1. Zahl mal 100 = 800 multipliziert mit dem Spannungs- Querschnitt = 46.400 N/mm²
Wenn die Tabelle richtig verstehe und meine Rechnung richtig wäre bedeutet das:
Ich ziehe eine M 10 Schraube an, ab 37,12 Nm geht die Schraube in die Streckung und bei 46,4 Nm. Bevor ich mein Drehmoment von 48 Nm erreiche 🙁
Was mache ich verkehrt, HILFE!
Hallo. die Schraube ist nicht im leeren Raum. Das aufzubringende Moment ist bedingt durch die Reibungskräfte zwischen Innengewinde (Mutter) und Außengewinde (Schraube). Diese Reibungskräfte ergeben sich aus den senkrecht auf den Gewindeflanken wirkenden Normal-Kräften FN und dem Reibungskoeffizient zwischen den Gewindegängen mü => Moment = Funktion von FN und mü. Der Reibungskoeffizient wird überwiegend von der Schmierung der Gewinde beeinflusst. Mit Molybdän(IV)-sulfid geschmierte Gewinde weisen i.d.R. einen um 25% geringeren Reibungskoeffizient auf als bei ölgeschmierten Gewinden; d.h, dass Schraubverbindundungen die mit MoS2 geschmiert werden, mit entsprechend geringeren Anzugsmomente angezogen werden müssen, um die gleiche Vorspannung zu erzeugen, wie bei anders geschmierten Gewinden. Bei Maschinenbauteilen, wie z.B. Zylinderköpfen oder Druckbehälter kommen zu den Zugkräften durch die Vorspannung durch die Anzugsmomente zusätzlich noch die Kräfte durch die Betriebsdrücke beim Betrieb der Anlagen. Die vom Hersteller vorgegebenen Anzugsmomente berücksichtigen die Belastungen im Betrieb.